“Wie soll man Abstand zu dem Thema bekommen, wenn man ständig Termine in der Klinik hat oder sich Spritzen in den Speck jagen muss?”

Wenn ich an die Kinderwunschzeit zurück denke, fällt mir das nicht leicht… vorallem auf den ganzen emotionalen Scheiß zurück zu blicken. Ich fühlte mich oft sehr allein mit dem Schmerz. Obwohl ich Menschen um mich hatte die mir Mut zugesprochen haben oder aufheiternde Worte sagten, genauso waren da auch Menschen die einfach an meiner Seite waren und nichts schön geredet haben… Optimismus war mir oft zu viel und trotz Mitgefühl reichte es nicht. Mitleid wollte ich aber auch nicht. 

Ja, was eigentlich? 

Ich hatte selber keine Worte dafür oder vorher irgendeine Ahnung, wie sich das anfühlen wird Kontrolle abzugeben und die Ungewissheit und das Warten auszuhalten. Ich fühlte mich falsch, hatte kein Vertrauen oder richtigen Bezug in und zu meinen Körper. Und zu meinem Kern. 

Zu den Menschen, die mir am nahsten waren, war ich am härtesten und verzweifelsten. Obwohl ich es ohne die und vor allem meinem Mann und seinem gnadenlosen Optimismus und Mutmachungen (für die ich ihn oft auch gehasst hab, denn „dein Körper muss diesen Kack nicht durchmachen!“), nicht durchgestanden hätte.
Ich bin eigentlich ein zuversichtlicher, naiv-optimistischer Mensch, aber diese Zeit hat das porös gemacht. Auch wenn es leichtherzige Tage und Phasen gab, kamen die verzweifelnden Tage in Schüben. 

Der Weg war nicht leicht und ich wusste oft nicht damit umzugehen. Körperlich gingen die Behandlungen auch nicht unbemerkt an mir vorbei, was mich oft noch mehr verunsicherte – bin das ich? Oder der Hormoncocktail? Wie soll man Abstand zu dem Thema bekommen, wenn man ständig Termine in der Klinik hat oder sich Spritzen in den Speck jagen muss?

Und dann trat das Wunder doch ein: im Doppelpack! BOOM! Und das zu einer Zeit, in der ich überlegte zumindest eine Pause einzulegen um Abstand zu gewinnen. Ein Happy End, das ich mir nicht schöner hätte bestellen können. Vieles aus der Zeit durfte und konnte heilen, aus vielen Dingen hab ich was mitnehmen können und hinter Anderen einen Punkt gemacht. 

Ich weiß nicht, ob es Mut macht das zu lesen oder Hoffnung gibt – aber dieses Gefühl, verloren zu sein und einem tiefen Wunsch hinterzu rennen, den man auch mit Fachmenschen letztlich nur mit einer ordentlichen Portion Glück erfüllen kann macht das Herz so absurd schwer.

Es ist ein tabuisiertes Thema und ich habe damals nicht mit jedem darüber gesprochen. Nicht aus Scham, sondern weil es so weh tat. Da ich mit Zwillingen schwanger wurde, werde ich oft gefragt, ob es Zwillinge in der Familie gibt und ich antworte immer ehrlich darauf:
Nein. Wir haben uns Hilfe in der Klinik geholt. 

Und das ist ein Opener mit dem ich nicht selten Geschichten von Frauen gehört hab, die auch ihre herausfordernden Geschichten  in der Kinderwunschzeit hatten. Damit meine ich nicht, dass man seine Geschichte mit allen teilen muss – aber wenn man sich Hilfe in der Klinik auf physischer Ebene holt, kann es Sinn machen die Seele mitzunehmen und sich auch auf emotionaler Ebene gut um sich zu kümmern und Hilfsangebote wahrzunehmen. 

Astrid, 35 Jahre

Nach oben scrollen